“Gemeindeschwestern! Die hatten wir zu DDR-Zeiten auch. Fand ich gut.” Die ältere Dame tippt auf einen Flyer und legt ihn beiseite. Sieht sich um im Hinterzimmer eines Wismarer Hotels. Kurz vor Beginn der Veranstaltung sind noch ein paar Stühle leer an der langen braunen Holztafel. Sie werden sich füllen.
Mittfünfziger, Frauen und Männer, Rentner, ein paar junge Leute sitzen am Ende vor dem Landtagskandidaten der Alternative für Deutschland, Lars Löwe. Grauer Anzug, weißes Hemd, Krawatte. In der linken Hand drei DIN A4-Blätter. Löwe hat sich vorbereitet auf den Bürgerabend in der Hansestadt. Eurorettung, Flüchtlinge, Merkel – die kleine Hansestadt wird zur Weltpolitikbühne. Löwe muss zurückkehren nach Mecklenburg-Vorpommern. Die ersten Füße scharren schon über den kalten Fliesenboden.
Er versucht es mit der Zukunft. Die nur gesichert werden könne durch Kinder aus dem eigenen Land. Lange spricht er über Kinder. Spricht so, als sei er Urgroßvater von 19 Enkeln. Er – der 31-Jährige. Die Großeltern im Hinterzimmer bleiben unbeeindruckt.
Löwe zieht sein letztes Ass. Einen 9-Punkte-Plan. Seinen 9-Punkte-Plan. Zur Bekämpfung des Terrorismus’. Weil Merkels nichts tauge. Den rechten Arm hält Löwe angewinkelt vor dem Bauch. Der linke geht auf und nieder wie ein Taktstock im Rhythmus seiner Worte. Die setzt er fast einzeln hinein in den Raum. Brüssel. Paris. Köln. Würzburg. Ansbach. Terroristen. Banden. Gruppengrabscher. Acht Punkte samt Erklärungen. Die ältere Dame hat die Augen geschlossen. Das Kinn ruht auf der Brust. Ein Mann ihr gegenüber – auch eingenickt. “Eigene Identität klären und selbstbewusst leben” – der neunte und letzte. “Haben Sie Fragen an Lars?!”
“Wen will die AfD in MV voranbringen – die Bahn, den Autoverkehr, Busse?!” Löwe wählt die Wasserstraße. Er schwimmt. Der Frager hat Einsicht. “Wenn Sie’s jetzt nicht wissen, können Sie’s auch später mitteilen.” Windenergieausbau, Bürgerentscheide, Mecklenburg-Vorpommern für junge Leute, AfD und Regierungsverantwortung – Löwe sucht die Antworten im Bundesprogramm seiner Partei. “Das ist zu billig!”, ist der Eingenickte wieder hellwach. Die Frau neben ihm erklärt, sie ginge dieser Tage von Partei zu Partei. Und sei auf der Suche nach einer Alternative. “Sie bleiben eine Alternative schuldig.”