Ein Schiff gehört aufs Wasser. Keine Frage. Dass wir seit drei Tagen an einer Boje im Fluss hängen, finde ich nur begrenzt amüsant. Kein Strom. Kein Wasser. Das ist noch nicht einmal problematisch. Was meinen Herzschlag erhöht, ist das Übersetzen mit dem Dinghi. Gebaut in Brasilien. Aus einer Form, die noch nicht allzu oft zum Dinghi wurde zuvor. Das alte hatten sie Micha auf den Kapverden gestohlen. Samt Motor.
Das neue – nun – erinnert an einen Optimisten. Diese kleine eckige Kiste, mit der die Stepkes Segeln lernen. Überall auf der Welt. Auch hier auf dem Maroni. Michas Dinghi nun hat zwei Ruderdalben und einen Motor. Ist ohne Schwert aber kippeliger und sehr viel kleiner als ein herkömmlicher Angelkahn. Und der Fluss ein übermächtiger Gegner. Mit einer Flut, die das Wasser Wellen schlagen lässt wie auf der Ostsee. Übersetzen ist dann unmöglich.
Ein Mal an Land, genießen Micha und ich einen Frühstückskaffee und ein Croissant bei David im MarinaOffice. Wir wollen noch bei dem jungen Mann vorbei, der hinter zwei schweren Gittertüren seinem Geschäft nachgeht. Wer zu ihm will, muss klingeln. Wer kaufen will, braucht einen Identitätsnachweis.
Micha will kaufen. Er blickt voraus auf die Überfahrt von Trinidad nach Martinique. Auf einer stillgegelegten Ölplattform haben sich Piraten verschanzt. Sie warten dort auf die, die auf schnellstem Weg ihr Ziel erreichen wollen. Dass laut Statistik der genau so oft verletzt wird, der sich wehrt gegen einen Angriff der Piraten, wie der, der sich kampflos alles nehmen lässt, führt den Pazifisten Micha also hinter die zwei Gittertüren.
Dunkel ist es. Eine Klimaanlage kühlt den kleinen Raum auf gefühlt 18 Grad. Hinter den Vitrinen Winchester, Baretta, Taurus. Mit einfachem Lauf, mit doppeltem. Revolver, Macheten, Gummischleudern. Daneben das Todbringende für Fische. Angeln, Köder, Sehnen. Der junge Mann holt unterm Tresen eine Pappschachtel hervor. Munition, sieben Millimeter. Dass er nicht töten, nur erschrecken will, wenn er mit der Pumpgun durchlädt, erklärt Micha dem jungen Mann.
Zwei Männer betreten den Laden. Einheimische. Begleitet von einer Frau. “Bonjour”, sage ich und lächle. Der GunShop – ganz offensichtlich kein Ort für Freundlichkeiten. Nur ein paar Meter weiter landen die KokainBoote an am Ufer des Maroni. Manchmal bringen sie auch illegal geschürftes Gold.
Wir sollen wiederkommen, sagt der junge Mann. Er will versuchen, die Pumpgun in Cayenne zu besorgen. Zurück zum Dinghi also. Zur herzrasenden Überfahrt. Das Ruchlose des Waffenladens hat mich gepackt. Ein Optimist fährt unter Segel. Kurz denke ich darüber nach, ihn zu stehlen.