Renate Frank - 64. In ihren Augen ein "Leider ist es vorbei."
Vivian - 13. Ihr Blick sagt, "ich fühl' mich nicht wohl."
Alina. Renate. Vivian. Und 18 weitere Mestliner wagten sich vor Bettina Flitners Kamera. Vor die Kamera einer Frau, die nach eigener Aussage für ein paar Wochen ins ehemalige und einzige sozialistische Musterdorf gezogen war, um zu erfahren, "was von der DDR noch übrig geblieben ist". Dass einer dafür nach Mestlin reist, verwundert nicht. Dort steigt einem der Geruch der DDR noch in die Nase - vom gelben Linoleumboden.
Und seit kurzem hängen im Kulturhaus 36 großformatige Fotos in den breiten Gängen über dem Festsaal. Sie sind unkommentiert - die Aussagen der Mestliner. So darf, kann, muss der Eindruck entstehen, in der DDR lebten die Menschen ohne Autos, ohne Strom und ohne Friseure. Wie ernst nimmt eine Fotografin die Menschen vor ihrer Kamera, wenn sie die Aussagen von 13- und 17-Jährigen unkommentiert lässt.
Wie ernst kann der Betrachter der Ausstellung die Fotografin nehmen, die - 1965 geboren - im Jahr 2014 noch nie etwas gehört haben will von Spartakiade, Volkssolidarität, Aktivist, Pionierleiter oder "Sobotnik". Und sich dann offenbar nicht einmal die Mühe macht, Subbotnik nachzuschlagen. Ganz abgesehen von den falsch geschriebenen Namen der Portraitierten und den Grammatik- und Orthographiefehlern.
Beginnt der Betrachter im Uhrzeigersinn mit der Ausstellung, ist es Ursula Hussel, 65, Arbeiterin, die das erste, das halbe Lächeln schenkt. In blauer, geblümter Kittelschürze vor wehenden T-Shirts und rotem Unterhöschen. Ein ganzes Lächeln liegt dann ein paar Bilder weiter der ehemaligen LPG-Vorsitzenden auf den Lippen. Vielleicht, weil sie auf einem alten Mähdrescher posieren darf.
Die Arbeiterin und die LPG-Vorsitzende durchbrechen das Trostlose der
19 anderen Portraits. Wer fragt, dem werden sie erzählen, dass sie so gucken sollten. So ohne Lächeln.
"Was war die DDR für Dich?" Manipulativ. So wie diese Ausstellung. Bei Ed, dem Holländer mit der Blutwursttorte, ein paar Dörfer weiter, finde ich noch ein Stück meiner DDR: Den Stiel eines Apfels im Kuchen. Wie in Großmutters Kuchen - mit den Äpfeln aus ihrem Garten.