Sonntagmorgen. Kurz nach halb sechs. Abdel* geht die Straße hinauf. Dreht sich um. Immer wieder. Es ist vielleicht eine halbe Stunde her, dass ihm einer ins Gesicht geschlagen hat. Auf einer Party vor einem Studentenclub.
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Schlagwort: Familie
Frieden allein reicht nicht
“Er ist integriert. Er hat’ne Krankenkassenkarte.” Der Rettungsassistent lächelt gequält. Schiebt die Trage an den Tresen der Notaufnahme. Der Mann darauf wimmert.
Es ist ein Wimmern aus der Tiefe. Muhamad übersetzt. Der Mann sei traurig. Sagt er. Seit Wochen. Nur einem seiner Freunde noch öffne er überhaupt die Tür.
An diesem Samstagabend treten auch Notarzt und Rettungskräfte ein. In die kleine Wohnung. In das Zimmer, aus dem das Wimmern kommt.
Der Mann sei sehr traurig. Übersetzt Muhamad. Das einzige Messer hätten sie ihm weggenommen. Nachdem er sich damit verletzen wollte.
Tranquilizer. Danach Antidepressiva. Sagt die Ärztin auf Station. Nachdem sie gehört hat, warum der Mann wimmert. Seit Wochen.
Anerkannt ist er. Als Flüchtling aus Syrien. Hat zwei Zimmer, Küche, Bad. Hat keinen Strom. Eine Matratze. Zwei Handtücher, die ihn wärmen, wenn er da liegt und wimmert. Inmitten von leeren Fischdosen, Zigarettenkippen, Milchtüten.
Der Freund erzählt. Muhamad übersetzt. Der Mann wimmert. Ob er noch Fragen habe an die Ärztin. Wo ist meine Familie. Geht es ihr gut.
Frau und zwei Kinder hat er zurückgelassen. Im Bombenhagel.
Stilles Wiedersehen
“Geschafft?! Habt Ihr es geschafft?!” Amani nickt ins Telefon. Oft hat sie diese Frage schon beantwortet an diesem Tag. Die Mutter, die Cousinen, die Brüder – sie lauschen. Niemand muss Arabisch können, um zu verstehen. Jeder kann es hören. Kann es sehen.