Gern wird als Prokrastination bezeichnet, was sich hinterm ziellosen Anklicken von Seiten im Internet verbirgt. Der Blick auf SpOn, der Dich dann auf ein Video von Whitney Houstons “One Moment in Time” lockt, wobei Dir einfällt, dass Du den Song gehört hast, als Du mit Viola von und zu IchWeißNichMehr eine Ferienfreizeit am Gardasee verbracht hast. Ach, was die wohl macht, fragt die Erinnerung, und Deine Finger tippen ihren Namen in die GoogleSuchLeiste. Mh – Gardasee. Vielleicht blühen dort schon die Narzissen? Schau’ doch mal nach einem verlängerten Wochenende, ruft die Zukunft.
Und so geht es immer weiter. Wer erlebt das nicht. Aber es sind die eigenen Gedanken, die einen zu dieser Klickreise animieren. Es sind die eigenen Wünsche und Bedürfnisse, denen ich in diesem Moment nachgebe. Vielleicht auch wider besseres Wissen. Weil da der Stapel Arbeit liegt – die Gegenwart. Im Vergleich zur Erinnerung und zur Zukunft kommt sie über ein ersticktes Piepsen manchmal aber eben nicht hinaus. Du nimmst Dir die Zeit. Und das ist gut so.
Gar nicht gut, nein gar böse ist, wenn Dir Zeit gestohlen wird. Wenn Minuten verrinnen, in denen Du nur warten kannst. In denen Du abhängig davon bist, wie andere sich die Zeit einteilen.
Wenn Du beim Arzt sitzt. Mit Termin. Dann eine Dreiviertelstunde vergeht. Und noch immer zwei vor Dir sind.
Du gehst zur Schwester, verlangst Deine Chipkarte zurück. Und die Praxisgebühr. Auf das Warum und darauf, dass es doch nur 45 Minuten seien – bis jetzt – fällt Dir zunächst keine Antwort ein. Dabei war es genau diese Antwort, die Dich hat aufstehen lassen im Warteraum. “Heute ist mein erster Urlaubstag. Und ich bin nicht gewillt, den in Ihrer Praxis zu verbringen.”
Es ist noch nicht lange her, da machte im Netz ein Artikel über ein Buch die Runde, in dem Menschen befragt wurden, was aus ihrem Leben sie vor dem Tod bedauern. Zeit zu vergeuden, weil andere unfähig sind, ihre Zeit zu managen, zähle ich dazu.