Die Sirenen selbst sind am frühen Dienstagnachmittag im Sportzentrum von Tschornomorsk mitten in einem Wohngebiet kaum zu hören. Olena Loboda von der Stadtverwaltung zeigt auf das Display ihres Telefons. Raketenalarm über der gesamten Ukraine.
Draußen sammeln sich junge Volleyballer, Leichtathleten und Handballer. Reihen sich auf, warten auf das Kommando der Trainer. Abmarsch Richtung Schutzkeller in einem Wohnblock unmittelbar neben der Sportanlage.
Passanten gehen vorüber. Frauen mit kleinen Kindern an der Hand. Schulkinder mit ihren Ranzen. „Wir haben noch zwanzig Minuten“, sagt Yulia Gribennikova, die als Übersetzerin dabei ist. Zwanzig Minuten bis zu einem möglichen Einschlag.
Yulia winkt ab. Als der Krieg begann, habe sie sich eine Alarmapp runtergeladen auf das Handy. „Fast jede Stunde wurde ich nachts davon geweckt. Ich habe sie wieder gelöscht.“
Unten im Schutzkeller zeigt Yulia auf die Lampen an der niedrigen Decke. „Wir haben Glück, hier geht der Strom und wir haben Licht.“ Die Kinder und Jugendlichen aus den Trainingsgruppen unterhalten sich. Schauen aufs Telefon. Bis Oksana Demchenko, Leiterin des Sportzentrums, die Journalistin aus Deutschland vorstellt. „Hallo“, klingt es von den niedrigen Stühlen und Bänken.
Ein Hallo kommt Alona Chupryna. Deutschland? Die Trainerin der Handball-Nationalmannschaft U16 erzählt, wie sie und ihre Auswahlmannschaft aufgenommen worden seien nach der Flucht vor dem Krieg. Wie ihren Spielern mit Ausrüstung und Geld geholfen wurde, sich auf Meisterschaften vorzubereiten. Wie bei einem Benefizspiel mehr als 4000 Euro zusammenkamen für die Ukraine.
Wir sollen den Schutzraum wechseln und gehen hinaus zum Wagen. Für Yulia Gribennikova war es das erste Mal im Bunker. Sonst sei sie in ihrer Wohnung geblieben. „Ich habe den Krieg wirklich satt.“ So geht es offenbar vielen in Tschornomorsk. Denn die Straßen sind voller Autos und Menschen.
Derweil überwacht die ukrainische Luftabwehr den Himmel. Nach knapp dreißig Minuten heulen die Sirenen Entwarnung.