Leichtathlet. Lebensunfähig. Wird von seiner Mutter betreut.
Eiskunstläuferin. Vier Aufenthalte in der Psychiatrie. Erwerbsminderungsrente und Sozialhilfe.
Gewichtheber. Herzinsuffizienz. Hat nicht mehr lange zu leben.
Ines Geipel spricht langsam. Leise. Kein Mikrofon verstärkt, was die ehemalige Leichtathletin an diesem Montag in Raum 209 in der Bundesstiftung für Aufklärung der SED-Diktatur über das Schicksal ehemaliger Spitzenathleten der DDR sagt. Die neue Vorsitzende des DopingopferHilfevereins sitzt Journalisten von F.A.Z., ARD, MDR, NDR und anderen Medien gegenüber. In Berlin. Der politischen Mitte Deutschlands.
Weinheim ist passé. 1.700 Euro Miete für das ehemalige Domizil – zu viel für einen Verein, der für eine monatliche Rente von 200 Euro für Dopingopfer kämpft. Und damit einen entsprechenden Antrag der Grünen unterstützt. Beraten wird der im Bundestag voraussichtlich am 16. Mai.
Bis dahin wollen Geipel und die anderen das Büro in der Berliner Havemann-Gesellschaft bezogen und mit mehr als der Hälfte der 600 DDR-Dopingopfer gesprochen haben. Wollen beraten, informieren. Wollen vorbeugen.
Und das ist wohl das Neue. Das Undenkbare. Das Unerhörte. Doping im Jahr 2013. Noch hat der Verein keinen Zugang zu den Elite-Sportschulen in Deutschland. Noch wehren der Deutsche Olympische Sportbund und der Deutsche Sportbund mit dem Reden von Flugausfällen und dem Wahren politischer Kontinuität ein Treffen mit den Dopingopfern ab. Aber Geipels Verein hat an diesem Montag die Journalisten angelockt. Trotz der Debatte um Uli Hoeneß und dessen Geldgeschäfte.
Ums Geld muss sich der Verein auch kümmern. Unterstützt wird er ausgerechnet vom Landessportbund Brandenburg. Einem Organ, das in anderen Bundesländern – wie beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern – manche Chance verstreichen ließ, die Geschichte des DDR-Sports und damit des Staatsplanthemas 14.25 aufzuarbeiten.
Was hindert daran? “Die hohe Loyalität gegenüber dem DDR-Sport.” Alle Journalisten schreiben diesen Halbsatz mit. Es ist eine einfache Erklärung. Und sie stimmt wohl vor allem deshalb, weil sie etwas Grundsätzliches anspricht. Emotionen.
Emotionen will der Verein von Juli an auf seiner Homepage wecken. Unter www.no-doping.org erzählt er die Geschichte von zehn ehemaligen Spitzenathleten. Die Geschichte von anabolen Steroiden. Von Muskelschwund. Selbstmordgedanken. Brustkrebs.
Warum? Wohl in der Hoffnung, dass in fünfzehn Jahren keine Geschichten über die Folgen von noch nicht erfundenen Dopingmethoden erzählt werden müssen.